„Ich kämpfe gegen den Ball und nicht gegen den Gegner“
Die junge Anna-Lena Linden begeisterte bei den TCK Open ihre Zuschauer
Anna-Lena Linden ist gerade einmal sechzehn Jahre alt und steht im Finale der 6. TCK Open. Ursprünglich aus Bochum spielt Anna-Lena Linden inzwischen für den renommierten Rochusclub in der 2. Bundesliga. Auf der nationalen Rangliste der Damen ist sie aktuell an Position 81. Nach einem umkämpften Halbfinale im TCK Open, das Anna-Lena Linden im Match-Tie-Break für sich entscheiden konnte, unterlag sie im Finale Sina Niketta 3:6 1:6. Ihr Publikum begeisterte sie durch ihr ungewöhnlich angriffslustiges Top-Spin-Spiel und einen auffallend freundlichen und fairen Umgang mit ihren Gegnerinnen. Mit der Finalistin Anna-Lena Linden sprach Friederike Felbeck:
Wie geht es Dir nach diesem Spiel?
Tennis ist das, was mir am meisten Spaß macht. Wenn man nicht gegen die Gegnerin, sondern gegen den Ball kämpft, dann ist das, glaube ich, eine gute Einstellung und man kann gut miteinander umgehen, ganz gleich wie das Spiel ausgeht.
Gleich zu Beginn des Spiels wurde der Oberschiedsrichter auf den Platz gerufen. Was war das für ein Moment?
Natürlich möchte ich jeden Ball gewinnen und so kann es in jedem Match passieren, dass man sich uneinig ist und sich sogar einen Moment lang anzickt, aber das bedeutet ja nicht, dass einer der beiden Spieler unfair ist.
Wie wichtig ist es, um jeden Punkt zu kämpfen?
Manche sagen, das kommt auf den Spielstand an. Aber bei mir ist es so, dass ich selbst bei einer Führung von 6:0, 5:0 und 40:0, durchaus auf die andere Seite gehe und mir den Abdruck zeigen lasse. Denn ich kämpfe gegen den Ball und nicht gegen den Gegner. Ich achte nicht auf den Spielstand.
Was heißt das für Dich: gegen den Ball kämpfen?
Ich probiere jedes Mal den Ball ins so Feld zu spielen, dass er irgendwann auf der anderen Seite liegen bleibt und ich so den Punkt mache.
Wann hast Du angefangen, Tennis zu spielen?
Mit fünf Jahren stand ich zum ersten Mal mit meiner Schwester auf dem Platz. Da hatte ich zum ersten Mal einen Schläger in der Hand und habe ein paar Bälle geschlagen. Meine Eltern haben früher beide selbst Tennis gespielt. Heute ist es nur noch mein Vater, der mich auch am Wochenende trainiert.
Wann ist Dir und Deiner Umwelt klar geworden, dass Du ein besonderes Talent zum Tennis spielen hast?
Es war schon immer so, dass ich sehr schnell gelernt habe. Und ich habe schon immer diesen Kämpferinstinkt gehabt. Auf Turnieren wurde ich oft auf mein Spiel angesprochen. Ich hatte Lust zu experimentieren und in das Tennis zu investieren. Man muss das Tennisspielen lieben – das ist eine wichtige Voraussetzung.
Wie viel Stunden stehst Du in der Woche auf dem Platz?
Ich habe viermal in der Woche festes Training. Jede Trainingseinheit dauert zwischen drei und dreieinhalb Stunden. Am Wochenende spiele ich mit meinem Vater. Und darüber hinaus natürlich noch viele Turniere.
Spielst Du überhaupt noch „just for fun“?
Das Training macht sehr viel Spaß, denn ich trainiere mit Leuten, mit denen ich sehr eng befreundet bin.
Du bist nicht immer im Rochusclub gewesen sondern schon durch einige Vereine gegangen. Sind diese Wechsel nicht auch schmerzhaft, wenn man Freunde oder Spielpartner verliert, die einen schon ein Stück des Weges begleitet haben?
Natürlich fällt mir das immer schwer. Mit meiner letzten Mannschaft habe ich mich zum Beispiel sehr gut verstanden. Dennoch sind diese Wechsel sehr wichtig. Der Rochusclub ermöglicht es mir, in der zweiten Bundesliga zu spielen. Das ist natürlich etwas, was man annehmen muss. Ich wohne in Bochum und trainiere beim Professional Management Team Ruhr in Mülheim an der Ruhr. Für den Rochusclub spiele ich Turniere. Taxi Mama macht´s möglich! Meine Eltern unterstützen mich sehr. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.
Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Also, ich bin da ganz offen. Natürlich werde ich mich bemühen, so gut wie möglich zu werden. Ich werde alles dafür tun, dass es weiter nach oben geht. Und dafür mit dem Gedanken spielen zu können, einmal Profi zu werden. Das ist das Ziel. Und wenn es nicht klappt, dann werde ich versuchen in die USA zu kommen und dort College-Tennis zu spielen. Aber die erste Priorität ist es, den Weg in das Profitennis zu finden.
Wie steht´s um die Vereinbarkeit von Schule und Tennis?
Die Schule, auch wenn ich gute Noten habe, bleibt natürlich ein Stück weit auf der Strecke. Aber das liegt daran, weil ich nicht so fleißig bin. Ich glaube, auch wenn ich nicht Tennis spielen würde, würde ich nicht so viel tun, aber ich bekomme alles mit. Ich bin der Meinung, dass die Schule absolut vorgeht. Das ist auch die Haltung meiner Eltern, die sicher sagen würden: Bekomm erst mal deine Noten in den Griff! – wenn meine Noten schlechter wären. Aber das ist glücklicherweise nicht der Fall.
Was sind die Stärken Deines Spiels?
Das aggressive Top-Spin-Spiel, das für Mädchen sicher ungewöhnlich ist. Ich dominiere mit meiner Vorhand, und entsprechend versuche ich auch mein Spiel so aufzubauen, dass ich den Gegner unter Druck setzen kann.
Was sind Deine Schwächen?
Meine Rückhand, das hat man ja heute gesehen, ist tagesabhängig. Alles andere ist solide.
Wie bereitest Du Dich auf ein Match vor?
Am Morgen spiele ich mich mit meinem Vater ein. Wir gehen bewusst auf eine andere Anlage. Meistens bin ich so eine Dreiviertelstunde vorher am Austragungsort des Turniers, so dass ich mich noch mal entspannen kann. Und eine halbe Stunde vorher ziehe ich mich dann ganz zurück. Dann bin ich alleine und mache mich warm.
Wie schaffst Du es, so konzentriert zu bleiben? Im Halbfinale zum Beispiel hattet ihr einen lauten Spieler auf dem Nachbarplatz, der wütend seinen Schläger bis auf euren Platz geworfen hat?
Von den Schlägen abgesehen ist das sicher eine weitere Stärke. Ganz unabhängig vom Spielstand schaffe ich es zu jedem Zeitpunkt, mich wieder in das Match hinein zu kämpfen. Mental bin ich sehr gut drauf. Natürlich ärgert mich auch viel. Im Achtelfinale gegen Mona Höppner habe ich 1:5 und 0:40 zurückgelegen und dann doch noch gewonnen. Ich schaffe es, mich da noch einmal rauszuziehen. Besonders bei den engen Spielständen reagiere ich anders als andere. Es gibt ja viele, die dann einen Doppelfehler machen, ich schlage dann eher ein Ass.
Hast Du ein Vorbild?
Ja! Leider hat sie aufgehört zu spielen. Der Grund, warum ich überhaupt angefangen habe Tennis zu spielen, ist die Belgierin Justine Henin. Sie ist auch klein wie ich, aber hat alle Großen bezwungen. Sie hat auch dieses aggressive Spiel gespielt wie ich selbst. Und wenn ein Ball verloren war, dann hat sie den noch zu einem Winner gemacht. Das hat mich an ihr immer beeindruckt.
Wie haben Dir die TCK Open gefallen?
Sehr gut! Ich war zum ersten Mal hier und es war auch in diesem Jahr das erste Ascheturnier für mich. Die Plätze waren in einer Top-Qualität. Das Turnier war sehr gut organisiert. Zum Beispiel gab es keine Verzögerungen und man musste nicht stundenlang warten wie es bei anderen Turnieren manchmal der Fall ist. Es herrschte ein gutes Klima. Ich wurde von allen sehr freundlich empfangen. Und ich werde hier bestimmt noch öfter spielen!