Noch ist die Landkarte der deutschen Bundesländer ein fast unüberschaubarer Flickenteppich an Verboten, Ausnahmeregelungen und ersten Lockerungen. Gerade den Vereinssport haben die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie hart getroffen. Auch erste Lockerungen für Nordrhein-Westfalen in diesen Tagen beinhalten noch keine Freigabe für den Tennissport.
Ein gemeinsames Merkmal dieser Ausnahme-Zeit ist wohl, dass viel Gelegenheit haben zu reflektieren und vielleicht ja sogar zu reformieren. Der australische Tennisspieler Nick Kyrgios verteilt Essen an bedürftige Landsleute. Roger Federer schlug jüngst per Tweet vor, die ATP- und WTA-Tour zusammen zu legen und so Herren- und Damentennis unter einem Dach zu vereinigen. Der amerikanische Nachrichtensender CNN bringt denn auch am Vorabend des Maifeiertags die Urheberin der Idee, die Tennis-Ikone Billie Jean King und den schottischen Weltmeister Andy Murray zu einem spannenden Skype-Interview zusammen – schließlich war Murray der erste männliche Tennisstar mit einer weiblichen Trainerin, der Australian Open und Wimbledon-Siegerin Amélie Mauresmo.
Genug Anlass um auch die Trainer des TC Kaiserswerth zu fragen, wie sie die Zwangspause wahrnehmen und für sich nutzen – und von ihnen vielleicht noch ein paar Fitnesstipps zu bekommen!
David Squire, seit 1991 Cheftrainer des TC Kaiserswerth, geht es wie vielen: Die Pause vom Training tut vor allem körperlich gut und plötzlich ist mehr Zeit da, um das fehlende Training durch Joggen, Stretchen und Fahrradfahren auszugleichen. Zuhause hat er sich kurzerhand einen eigenen Fitnessraum eingerichtet. Den Leistungsspielern, die er trainiert, hat er geraten, einfach mal gegen eine Wand zu spielen z.B. unter der Theodor-Heuss-Brücke.
Sein Sohn Henri Squire ist in dieser Saison als Turnierspieler in den TC Kaiserswerth zurückgekehrt und soll für seinen Heimatclub in der Regionalliga antreten. Aber auch wenn der Tennisverband Niederrhein die Termine für die Medenspiele der Sommersaison 2020 bereits bekannt gegeben hat, zeigt sich der erfahrene Trainer und Turnierspieler noch skeptisch.
Vor allem machen Squire die wirtschaftlichen Folgen des Lockdown für den Tennissport Sorgen. Auch wenn für die meist selbstständig tätigen Trainer das von der Bundesregierung aufgelegte Hilfsprogramm für Solo-Selbstständige in Frage kommt, wird es langfristig seiner Einschätzung nach insbesondere kleinere Vereine sehr schwer treffen. „Tennis ist stark in der Breite, aber nicht in der Höhe!“, sagt Squire und spielt auf den Vorteil an, den z.B. die finanzkräftigen Fußballverbände haben, die selbst unter einem enormen finanziellen Druck stehen.
„Rausgehen und Sport machen!“ lautet sein Appell an junge Leute anstatt eine lange Schlange vor McDonalds zu bilden. Für sich selbst hat David Squire das Schachspielen wiederentdeckt. Und er telefoniert jeden Tag mit seiner Mutter in Australien, einer pensionierten Zirkusartistin.
Genussvoll Kochen, Renovieren, den Garten oder den Balkon bepflanzen, den blauen Himmel und die Natur genießen – diese Erfahrung machen derzeit viele trotz aller Einschränkungen. Auch Torsten Herrmann genießt es ebenfalls runterzufahren und erkundet seine Heimatstadt Düsseldorf mit dem Fahrrad. Bei jungen Spielern sieht vor allem die Gefahr darin, dass sie während einer langen Spielpause die Lust am Tennisspiel verlieren könnten. Dabei geht es so einfach: Wer die Möglichkeit hat, malt zuhause ein Tennis-Kleinfeld auf. Damian Kroll empfiehlt Krafttraining, Joggen und Sprints. Auch ein schneller Spaziergang ist schon ein gutes Training. Und vielleicht hat der ein oder andere endlich mal Zeit für einen Waldlauf. Im Internet ist die 100-Volley-Challenge von Andy Murray und Novak Djokovic zu sehen, die sich im Garten mit ihren Ehefrauen launig die Bälle zuspielen. Doch sie alle sehnen sich nach einer Rückkehr zur Normalität, den sozialen Kontakten, dem Zusammensein und Austausch – denn all das bedeutet Vereinssport eben auch.
Auch wenn Licht am Ende des Tunnels ist und der Ausblick auf eine schöne Saison auf Tennisplätzen, die in einem hervorragenden Zustand sind, zum Greifen nahe liegt, ist die Lage fragil und unberechenbar. Die Challenge der Trainer: die richtige Lösung für ein Training zu finden, das beispielsweise Abstandsregelungen angemessen berücksichtigt und den Spaß am Tennisspiel nicht zu verlieren helfen.